Einan Kaku | Wasser der Erinnerung /記憶の水

Es scheint Schicksal zu sein, dass ich sechs Monate in Altena leben konnte. Jeden Tag sehe ich die Lenne und habe einen natürlichen Austausch mit ihr entwickelt. Sie verändert sich ständig – mal blau, mal gelb, mal grün wie ein Edelstein. Sie ist nicht tief, aber unergründlich, prächtig und geheimnisvoll. Jeden Tag fließt sie schnell, schön, aber auch gefährlich. Sie erodiert das Flussbett, wird vom Wind begleitet und zeigt immer Wellen. Ihre Kraft bleibt verborgen, aber sie ist stark und eindrucksvoll.

Vielleicht gibt es diese Landschaft seit Jahrhunderten, vielleicht sogar seit tausend Jahren? Wie mag es damals ausgesehen haben? Die Menschen lebten an den Bergen und am Wasser, überlebten, liebten, hassten. Es gab Kriege, das Blut färbte das Wasser, Hochwasser kamen und gingen. Die Lenne trägt die Erinnerungen der Menschen.

Ich bin neugierig auf die Erinnerungen der Menschen heute. Viele besuchten mein Atelier und erzählten ihre Geschichten. Diese abstrakten Erinnerungen drücken wir durch Zeichnungen und Schrift aus. Die Kanji-Schriftzeichen, eine bildhafte Sprache, nutzten sie, um ihre Geschichten über die Lenne zu schreiben: über ihre Liebe, ihre Kindheit, ihre Jugend, ihre Freude, Trauer, Bewunderung und Schmerz. Der Fluss bewacht das Schicksal der Menschen – ihre Hoffnungen, ihre Verzweiflung. Was hält die Menschen bis heute an diesem Ufer? Wenn sie die Lenne sehen, wissen sie, dass sie zu Hause sind. Wir erinnern uns an das Wasser, und das Wasser erinnert sich an uns. Sie ist Zeugin unseres Lebens.

Heute fließt sie immer noch mit einem Teil von uns in den Rhein, in die Nordsee und schließlich in den Atlantik – still, unbemerkt, und sie durchdringt die Welt.

In der Ausstellung sind meine Fotografien, Gemäldecollagen und die Kanji-Kalligrafien der Beteiligten zu sehen.